Gewerbesteuer-Richtlinien 1998


Zu § 2 GewStG

Abschnitt 16
Mehrheit von Betrieben

 (1) 1Hat ein Gewerbetreibender mehrere Betriebe verschiedener Art (z. B. eine Maschinenfabrik und eine Spinnerei), ist jeder Betrieb für sich zu besteuern. 2Vgl. § 2 Abs. 1 GewStG, wonach Steuergegenstand der einzelne Gewerbebetrieb ist. 3Das gilt auch dann, wenn die mehreren Betriebe in derselben Gemeinde liegen. 4Es ist aber ein einheitlicher Gewerbebetrieb anzunehmen, wenn ein Gewerbetreibender in derselben Gemeinde verschiedene gewerbliche Tätigkeiten ausübt und die verschiedenen Betriebszweige nach der Verkehrsauffassung und nach den Betriebsverhältnissen als Teil eines Gewerbebetriebs anzusehen sind. 5Beispiele: Gastwirtschaft und Bäckerei, Fleischerei und Speisewirtschaft. 6Es gelten dabei die gleichen Grundsätze wie für die Bewertung (§ 2 BewG). 7Bei enger finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Verpflechtung können auch verschiedenartige Tätigkeiten wie Tabakwareneinzelhandel und Lotto- und Toto-Annahmestelle einen einheitlichen Gewerbebetrieb bilden. 8Vgl. das BFH-Urteil vom 19. 11. 1985 (BStBl. 1986 II S. 719). 9Zur Abgrenzung bei gleichzeitig ausgeübter land- und forstwirtschaftlicher sowie gewerblicher Betätigung vgl. das BFH-Urteil vom 23. 1. 1992 (BStBl. II S. 651).

 (2) 1Hat ein Gewerbetreibender mehrere Betriebe der gleichen Art, ist zu prüfen, ob die mehreren Betriebe eine wirtschaftliche Einheit darstellen. 2Die Vermutung spricht bei einer Vereinigung mehrerer gleichartiger Betriebe in der Hand eines Unternehmers, insbesondere, wenn sie sich in derselben Gemeinde befinden, für das Vorliegen eines einheitlichen Gewerbebetriebs. 3Auch wenn die Betriebe sich in verschiedenen Gemeinden befinden, kann ein einheitlicher Gewerbebetrieb vorliegen, wenn die wirtschaftlichen Beziehungen sich über die Grenzen der politischen Gemeinden hinaus erstrecken. 4Betriebe sind als gleichartig anzusehen, wenn sie sachlich, insbesondere wirtschaftlich, finanziell oder organisatorisch innerlich zusammenhängen. 5Kriterien hierfür sind die Art der gewerblichen Betätigung, der Kunden- und Lieferantenkreis, die Geschäftsleitung, die Arbeitnehmerschaft, die Betriebsstätte, die Zusammensetzung und Finanzierung des Aktivvermögens sowie die Gleichartigkeit / Ungleichartigkeit der Betätigungen und die Nähe / Entfernung, in der sie ausgeübt werden. 6Vgl. die RFH-Urteile vom 28. 9. 1938 (RStBl. S. 1117) und vom 21. 12. 1938 (RStBl. 1939 S. 372) sowie die BFH-Urteile vom 14. 9. 1965 (BStBl. III S. 656), vom 12. 1. 1983 (BStBl. II S. 425), vom 9. 8. 1989 (BStBl. II S. 901) und vom 18. 12. 1996 (BStBl. 1997 II S. 573).

 (3) 1Die Tätigkeit einer Personengesellschaft bildet auch bei verschiedenartigen Tätigkeiten einen einheitlichen Gewerbebetrieb. 2Es ist jedoch zu prüfen, ob die verschiedenen Betätigungen in getrennten Personengesellschaften ausgeübt werden. 3Vgl. das BFH-Urteil vom 10. 11. 1983 (BStBl. 1984 II S. 152). 4Die Unternehmen mehrerer Personengesellschaften können andererseits auch dann nicht zu einem einheitlichen Unternehmen zusammengefaßt werden, wenn sie wirtschaftlich und organisatorisch miteinander verflochten sind und bei den Gesellschaften die gleichen Gesellschafter im gleichen Verhältnis (Gesellschafter- und Beteiligungsidentität) beteiligt sind. 5Vgl. die BFH-Urteile vom 21. 2. 1980 (BStBl. II S. 465) und vom 26. 1. 1995 (BStBl. II S. 589). 6Auch eine Kapitalgesellschaft oder eine GmbH & Co. KG einerseits und eine aus natürlichen Personen bestehende Personengesellschaft oder ein Einzelunternehmen andererseits können gewerbesteuerrechtlich auf Grund von Unternehmensidentität nicht als ein einheitliches Unternehmen behandelt werden. 7Das gleiche gilt auch im Fall der Betriebsaufspaltung. 8Vgl. die BFH-Urteile vom 7. 3. 1961 (BStBl. III S. 211), vom 9. 3. 1962 (BStBl. III S. 199), vom 26. 4. 1966 (BStBl. III S. 426), vom 26. 4. 1972 (BStBl. II S. 794) und vom 7. 3. 1973 (BStBl. II 562).

 (4) 1Die Tätigkeit der Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 2 GewStG gilt stets und in vollem Umfang als einheitlicher Gewerbebetrieb. 2Auch die gewerbesteuerpflichtige Tätigkeit der unter § 2 Abs. 3 GewStG fallenden sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts und der nichtrechtsfähigen Vereine bildet stets einen einheitlichen Gewerbebetrieb. 3Das gleiche gilt auch, wenn von ihnen mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe unterhalten werden. 4Vgl. § 8 GewStDV.

 (5) 1Sind eine oder mehrere Personen oder Personengruppen als atypische stille Gesellschafter am Handelsgewerbe einer anderen Person beteiligt, liegt gewerbesteuerrechtlich ein einziger Gewerbebetrieb vor, wenn der Zweck der atypischen stillen Gesellschaft jeweils darauf gerichtet ist, die gesamten unter der Firma des Inhabers des Handelsgeschäftes ausgeübten gewerblichen Tätigkeiten gemeinsam und zusammen mit dem Inhaber des Handelsgeschäfts auszuüben. 2Dagegen liegen getrennt zu beurteilende gewerbliche Tätigkeiten vor, wenn die den einzelnen atypischen stillen Gesellschaftern und dem Inhaber des Handelsgeschäfts steuerrechtlich zuzuordnenden gewerblichen Tätigkeiten nicht identisch sind. 3Das ist z. B. dann der Fall, wenn die atypischen stillen Gesellschafter nur an bestimmten Geschäften oder jeweils nur an einem bestimmten Geschäftsbereich des Handelsgewerbes beteiligt sind. 4Vgl. das BFH-Urteil vom 6. 12. 1995 (BStBl. II S. 685).

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