BUNDESFINANZHOF
1.
Pachten Eheleute Räume zum Betrieb einer vom Ehemann allein geführten
Gaststätte, so sind die Eheleute die Leistungsempfänger, wenn sie
nicht gemeinsam (z.B. als GbR) unternehmerisch tätig
sind.
2. In diesem Fall
kann dem Ehemann als alleinigem Unternehmer der Vorsteuerabzug zur Hälfte
zustehen.
3. Ein
Pachtvertrag, in dem ein monatliches Pachtentgelt zzgl. Umsatzsteuer vereinbart
ist, erfüllt nur in Verbindung mit entsprechenden monatlichen
Abrechnungsbelegen (z.B. Bankbelegen) die Rechnungsvoraussetzungen für den
Vorsteuerabzug.
UStG 1980/1991 § 4 Nr. 12 Buchst.
a, § 9 Abs. 1, § 14 Abs. 1,
4 und 5, § 15 Abs. 1
Nr. 1 Richtlinie 77/388/EWG
Art. 17 Abs. 2 Buchst. a, Art. 18 Abs. 1
Buchst. a, Art. 22 Abs.
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Urteil vom 7. November 2000 V R
49/99
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Vorinstanz: FG Düsseldorf (DStRE
1999, 842)
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Gründe
I.
Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) betreibt als Alleininhaber und alleiniger Konzessionsträger
eine Gaststätte in gepachteten Räumen. Den zugrunde liegenden
Pachtvertrag vom 15. Dezember 1982 unterzeichneten sowohl der Kläger
als auch seine Ehefrau. Die Eheleute werden in diesem Vertrag als Pächter
bezeichnet und persönlich zur Führung der Gaststätte
verpflichtet; das Bestehen des Pachtvertrages ist an den Bestand der Ehe der
Pächter geknüpft. Im Vertrag ist die Umsatzsteuer ("z.Z. 13 %")
auf die monatliche Pacht für den "Wirtschaftsbetrieb" (2 000 DM)
mit 299 DM (richtig: 260 DM) gesondert ausgewiesen. Das Finanzgericht
(FG) hat dazu festgestellt: "Monatliche Abrechnungen liegen nicht vor. In den
Streitjahren (1988 bis 1992) betrug die Pacht 2 500 DM monatlich und
die darauf entfallende Umsatzsteuer (14 %) 350 DM
monatlich."
Der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) versagte im Anschluss an eine
Betriebsprüfung den vom Kläger geltend gemachten Vorsteuerabzug aus
den Pachtzahlungen mit der Begründung, dass der Kläger als alleiniger
Unternehmer nicht Empfänger der Pachtleistungen sei. Der gegen die
entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheide 1988 bis 1992 gerichtete
Einspruch blieb erfolglos.
Das FG
gab der Klage teilweise statt. Es führte zur Begründung unter Hinweis
auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 1. Oktober 1998
V R 31/98 (BFHE 187, 78) aus, dem Kläger stehe der begehrte
Vorsteuerabzug teilweise, entsprechend seinem hälftigen Anteil an der
Ehegattengemeinschaft zu, da er in diesem Umfang Empfänger der im
Pachtvertrag vereinbarten und von den Verpächtern erbrachten Leistungen
gewesen sei. Das Urteil ist in "Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst"
(DStRE) 1999, 842 abgedruckt.
Mit
der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts
und trägt zur Begründung im Wesentlichen vor:
Die vom BFH in seinem Urteil in
BFHE 187, 78 für eine Bruchteilsgemeinschaft aufgestellten Grundsätze
könnten nicht auf eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), wie sie
hier zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau bestanden habe, übertragen
werden. Der Zusammenschluss einer GbR sei weitaus fester als der einer
bloßen Gemeinschaft; die Letztgenannte sei viel individualistischer
ausgestaltet. Der Streitfall unterscheide sich zudem von dem Sachverhalt des
Urteils in BFHE 187, 78 gravierend dadurch, dass hier nicht alle Gesellschafter,
sondern nur der Kläger unternehmerisch tätig sei. Außerdem seien
in dem hier zu entscheidenden Fall die Anteile der Gesellschafter nicht im
Pachtvertrag ausgewiesen.
Im
Übrigen erfülle der Pachtvertrag allein schon deshalb nicht die
Anforderungen einer Rechnung, weil keine monatlichen Abrechnungen
vorlägen.
Das FA beantragt, die
Vorentscheidung aufzuheben, soweit das FG der Klage stattgegeben hat und die
Klage auch insoweit abzuweisen.
Der
Kläger tritt dem Revisionsvorbringen entgegen.
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt
zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur
erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2
der Finanzgerichtsordnung
--FGO--).
Das FG hat zwar zutreffend
entschieden, dass der Kläger grundsätzlich zum Vorsteuerabzug
berechtigt ist. Die getroffenen Feststellungen lassen jedoch keine
abschließende Beurteilung zu, ob für den Vorsteuerabzug geeignete
Rechnungen vorliegen.
1. Der
Unternehmer kann gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 des
Umsatzsteuergesetzes 1980/1991 (im Folgenden: UStG) die in Rechnungen i.S. des
§ 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und
sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen
ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Der
Vorsteuerabzug steht also dem Unternehmer zu, der als Leistungsempfänger
eine auf ihn lautende Rechnung mit gesondert ausgewiesener Steuer besitzt (vgl.
BFH-Urteil vom 5. Oktober 1995 V R 113/92, BFHE 178, 493, BStBl
II 1996, 111).
Dies steht im
Einklang mit den Bestimmungen der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai
1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Nach Art. 17 Abs. 2
Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG ist der Steuerpflichtige befugt, soweit
er Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten
Umsätze verwendet, von der von ihm geschuldeten Steuer die im Inland
geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und
Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden
oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden, abzuziehen. Um
das Recht auf Vorsteuerabzug nach Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der
Richtlinie 77/388/EWG ausüben zu können, muss der Steuerpflichtige
gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie
77/388/EWG eine nach Art. 22 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG
ausgestellte Rechnung besitzen.
2.
Leistungsempfänger ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH im
Allgemeinen derjenige, der aus dem der Leistung zugrunde liegenden
Schuldverhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist (vgl.
BFH-Urteile vom 1. Juni 1989 V R 72/84, BFHE 157, 255, BStBl II
1989, 677; vom 16. Mai 1995 XI R 50/93, BFH/NV 1996, 185; vom
24. Juni 1999 V R 99/98, BFH/NV 1999,
1648).
Diese grundsätzliche
Anknüpfung des Umsatzsteuerrechts an das Zivilrecht bei der Bestimmung des
Leistungsempfängers ist insbesondere im Interesse des Leistenden
(Auftragnehmers) geboten. Denn die zivilrechtliche Rechtslage ist u.a.
maßgebend dafür, wem gegenüber er eine Rechnung über von
ihm ausgeführte steuerpflichtige Lieferungen oder sonstige Leistungen
erteilen darf bzw. muss (vgl. § 14 Abs. 1 UStG) und ferner
dafür, ob er die Möglichkeit hat, einen steuerfreien Umsatz als
steuerpflichtig zu behandeln, weil der Umsatz an einen anderen Unternehmer
für dessen Unternehmen ausgeführt wird (vgl. § 9 Abs. 1
UStG).
a) Im Streitfall haben der
Kläger und seine Ehefrau die Pachtleistungen empfangen; sie sind die
Leistungsempfänger.
Das FG hat
dies aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Pachtvertrages abgeleitet und
dargelegt, dass nach dem Ergebnis der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme
kein Raum für eine vom Vertragswortlaut abweichende Auslegung bleibe. Es
hat ausdrücklich ausgeschlossen, dass die Ehefrau des Klägers entgegen
der klar und eindeutig gewählten Bezeichnung als (Mit-)Pächter
tatsächlich nur die Rechtsstellung eines Bürgen für die
Pachtverpflichtungen des Klägers haben sollte, ohne insoweit
Mitgläubiger (§ 432 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--)
der Ansprüche gegen die Verpächter zu werden.
Das FG hat ferner ausgeschlossen,
dass die Verpächter den Gebrauch der verpachteten Räume unter
Missachtung des gemeinschaftlichen Anspruchs beider Ehegatten tatsächlich
allein dem Kläger überlassen haben. Es hat daraus gefolgert, dass der
Kläger nicht --entsprechend den Grundsätzen des BFH-Urteils in BFHE
157, 255, BStBl II 1989, 677 unabhängig von den zugrunde liegenden
Rechtsbeziehungen unter Ausschluss der Ehefrau-- als alleiniger
Leistungsempfänger anzusehen sei.
Diese Feststellungen und
Würdigungen des FG im angefochtenen Urteil sind revisionsrechtlich
unangreifbar (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) und werden von den
Beteiligten auch nicht in Zweifel gezogen.
b) Wenn mehrere Personen gemeinsam
eine Leistung beziehen, kann zwar auch die Personenmehrheit als solche
Leistungsempfänger sein. Das gilt aber nur, wenn sie selbst unternehmerisch
tätig ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 187, 78, unter II. 2. b).
Im Streitfall ist die aus dem
Kläger und seiner Ehefrau bestehende Personenmehrheit selbst kein
Unternehmer. Sie ist nicht zur Aufnahme eigener wirtschaftlicher Tätigkeit
gegründet worden und hat auch keine entgeltlichen Lieferungen oder
sonstigen Leistungen ausgeführt. Dabei kann offen bleiben, ob der
Kläger und seine Ehefrau als gemeinsame Pächter der Gaststätte
eine GbR i.S. des § 705 BGB oder eine (bloße) Gemeinschaft i.S.
des § 741 BGB bildeten, oder ob eine sonstige rechtliche Verbundenheit
der Ehegatten im Betracht kommt (vgl. zur Abgrenzung: Urteile des
Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 26. April 1995 XII ZR 132/93, Neue
Juristische Wochenschrift --NJW-- 1995, 3383, unter 2. a; vom 30. Juni
1999 XII ZR 230/96, NJW 1999, 2962, unter II. 1. a; Ulmer in
Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch --MünchKomm--,
Bd. 5, 1997, Vor § 705 Rz. 1 ff., 100 ff.;
Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 59. Aufl. 2000, Einführung Vor
§ 581 Rz. 21, § 581 Rz. 3, § 535
Rz. 6, § 705 Rz. 3, 24, 33, 39, § 741 Rz. 1,
11).
c) Der Senat folgt dem FG auch
insoweit, als es angenommen hat, der Vorsteuerabzug aus den bezogenen
Pachtleistungen stehe dem Kläger nur zu 50 v.H. zu.
Da der Kläger und seine
Ehefrau gleichermaßen aus dem Pachtvertrag berechtigt und verpflichtet
sind, ist ihnen der Leistungsbezug mangels anderer Anhaltspunkte zu gleichen
Anteilen zuzuordnen; der Vorsteuerabzug des Klägers ist dementsprechend auf
die Hälfte des Gesamtbetrages zu begrenzen.
Nach der Rechtsprechung des
Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) soll zwar ein
Unternehmer durch die Regelung über den Vorsteuerabzug vollständig von
der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder
entrichteten Umsatzsteuer entlastet werden (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom
15. Januar 1998 Rs. C-37/95, Ghent Coal, Slg. 1998, I-1,
Umsatzsteuer-Rundschau 1998, 149, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 1998,
95, Rz. 15). Das gilt aber nur, soweit er Leistungsempfänger ist. Denn
Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG
beschränkt das Recht des Steuerpflichtigen zum Vorsteuerabzug auf die
geschuldete oder entrichtete Steuer für Gegenstände und
Dienstleistungen, die "ihm" geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht
wurden oder erbracht werden.
Den
vollen Vorsteuerabzug aus den Pachtleistungen hätte der Kläger etwa
dann beanspruchen können, wenn er allein (ohne seine Ehefrau) den
Pachtvertrag abgeschlossen hätte und mithin alleiniger Pächter
geworden wäre oder wenn eine aus ihm und seiner Ehefrau bestehende
Pächtergemeinschaft bzw. -gesellschaft die gemeinsam bezogenen
Pachtleistungen in einer Leistungskette als Unternehmer gegen Entgelt an den
Kläger weitergegeben hätte. Derartige Fallgestaltungen sind hier nicht
gegeben. Sie setzen eine klare Vereinbarung und deren erkennbare
Durchführung voraus, um Nachteile bei der Geltendmachung des
Vorsteuerabzugsanspruchs zu vermeiden (vgl. BFH-Urteil vom 26. November
1987 V R 85/83, BFHE 151, 479, BStBl II 1988,
158).
3. Gleichwohl muss das
angefochtene Urteil aufgehoben werden, weil den Feststellungen des FG nicht zu
entnehmen ist, ob der Kläger eine gemäß § 15
Abs. 1 Nr. 1 UStG zum Vorsteuerabzug geeignete Rechnung i.S. des
§ 14 UStG mit gesondertem Steuerausweis
besitzt.
Der Auffassung des FG,
insoweit reiche der Pachtvertrag vom 15. Dezember 1982 aus, vermag der
Senat nicht zu folgen. Bei Pachtverträgen wird der abgerechnete
Leistungsgegenstand, nämlich die Verpachtung für einen bestimmten
Zeitraum (z.B. Monat), als Teilleistung i.S. von § 13 Abs. 1
Nr. 1 Buchst. a Sätze 2 und 3 UStG erst durch die
monatlichen Zahlungsaufforderungen oder -belege konkretisiert. Erst damit
erhält die im Vertrag vereinbarte Monatspacht (einschließlich
gesondert ausgewiesenem Umsatzsteuerbetrag) die erforderlichen
tatsächlichen Ergänzungen, aufgrund derer eine für den
Vorsteuerabzug ausreichende Leistungsbeschreibung angenommen werden kann (vgl.
BFH-Beschluss vom 7. Juli 1988 V B 72/86, BFHE 154, 197, BStBl II
1988, 913; BFH-Urteil vom 9. September 1993 V R 42/91, BFHE 173,
231, BStBl II 1994, 269).
Das FG hat
zwar festgestellt, monatliche Abrechnungen lägen nicht vor. Es ist aber dem
im Urteil wiedergegebenen (unstreitigen) Vortrag des Klägers nicht
nachgegangen, er habe den Pachtzins von seinem Geschäftskonto entrichtet.
Sollten z.B. monatliche Überweisungsbelege des Klägers vorliegen, in
denen Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen ist, wäre ihm der Vorsteuerabzug
gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 14
Abs. 5 UStG --zur Hälfte-- zu gewähren. Weitere Voraussetzung ist
freilich, dass die Verpächter ihre gemäß § 4
Nr. 12 Buchst. a Satz 1 UStG grundsätzlich steuerfreien
Verpachtungsumsätze in den Streitjahren nach § 9 UStG wirksam als
steuerpflichtig behandelt haben (vgl. BFH-Urteil vom 2. April 1998
V R 34/97, BFHE 185, 536, BStBl II 1998,
695).
Das FG wird die erforderlichen
Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachzuholen
haben.