BUNDESFINANZHOF
Dem
EuGH werden folgende Fragen zur Auslegung der Richtlinie 77/388/EWG vorgelegt:
1. Verwendet eine
Factoring-Gesellschaft die von ihr bezogenen Gegenstände und
Dienstleistungen auch insoweit für Zwecke ihrer Umsätze, als sie
Forderungen aufkauft und das Ausfallrisiko für diese Forderungen
übernimmt?
2.
Handelt es sich dabei um besteuerte Umsätze oder --jedenfalls auch-- um
Umsätze i.S. des Art. 13 Teil B Buchst. d der Richtlinie 77/388/EWG,
die insoweit besteuert werden können, als die Mitgliedstaaten den
Steuerpflichtigen des Recht eingeräumt haben, für eine Besteuerung zu
optieren? Welche der in Art. 13 Teil B Buchst. d der Richtlinie
77/388/EWG aufgezählten Umsätze liegen in diesem Fall
vor?
UStG 1991 § 4 Nr. 8,
§ 15 Abs. 1
Nr. 1 Richtlinie
77/388/EWG Art. 13 Teil B Buchst. d, Art. 17
Abs. 2
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Beschluss vom 17. Mai 2001
V R 34/99
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Vorinstanz: Hessisches FG (EFG 1999,
926)
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Gründe
I.
Sachverhalt
Die Klägerin und
Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Rechtsnachfolgerin der
MKG-Kraftfahrzeuge-Factoring GmbH & Co. KG (Factoring KG). Sie gehörte
zusammen mit der M-GmbH zur Firmengruppe Trapp-Dries/Mitsubishi. Die M-GmbH
importierte im Streitjahr (1991) und den Folgejahren Fahrzeuge der Marke
Mitsubishi und vertrieb sie über ein eigenes Händlernetz auf dem
deutschen Markt. Die Factoring KG übernahm für sie das Factoring- und
Finanzierungsgeschäft.
Mit
Factoringvertrag vom 27. Juni 1991 verpflichtete sich die Factoring KG
gegenüber der M-GmbH, deren Forderungen gegenüber den Händlern
aus Fahrzeuglieferungen innerhalb eines jeweils zuvor von ihr festgelegten
Rahmens anzukaufen und die darüber hinausgehenden Forderungen mit
Rückgriffsrecht gegen die M-GmbH zu verwalten. Für die angekauften
Forderungen übernahm sie das Ausfallrisiko ohne Rückgriffsrecht gegen
die M-GmbH. Der Delkrederefall galt als eingetreten bei Ausfall der Zahlung
durch die Händler 150 Tage nach Fälligkeit der jeweiligen
Rechnung. Ferner verpflichtete sich die Factoring KG zur Führung der
Debitorenbuchhaltung und zur Übersendung von Unterlagen an die M-GmbH, die
dieser Einblick in den Stand der jeweiligen Abnehmer-Geschäftsbeziehungen
ermöglichten. Die Factoring KG hatte den Nennbetrag der innerhalb einer
Kalenderwoche angekauften Forderungen der M-GmbH unter Abzug der vereinbarten
Gebühren am dritten Bankarbeitstag der folgenden Woche zu vergüten.
Vereinbarte Gebühren waren eine Factoringgebühr von 2 % und eine
Delkrederegebühr von 1 % der Nennbeträge der übernommenen
Forderungen. Ferner verpflichtete sich die M-GmbH zur Zahlung von Zinsen, deren
Bemessungsgrundlage der tägliche Debitorenstand der Händler bei der
Factoring KG sein sollte. Der Zinssatz sollte 1,8 % über dem
Zinsdurchschnittssatz liegen, den die Factoring KG für ihre Refinanzierung
zu zahlen hatte.
Die Factoring KG
vertrat die Auffassung, sie erbringe an die M-GmbH auch insoweit
steuerpflichtige Leistungen, als sie das Ausfallrisiko für die angekauften
Forderungen übernommen hatte (echtes Factoring), und stellte der M-GmbH
diese Leistungen mit den entsprechenden Gebühren und Zinsen in Rechnung.
Dementsprechend machte sie in ihrer für das Streitjahr 1991 beim Beklagten
und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) eingereichten Steuererklärung
auch den Vorsteuerabzug in Höhe von 1 028 100 DM für
die damit zusammenhängenden Eingangsumsätze
geltend.
Nach Durchführung
einer Betriebsprüfung versagte das FA der Klägerin (als
Rechtsnachfolgerin der Factoring KG) insoweit den Vorsteuerabzug
(Umsatzsteuerbescheid 1991 vom 11. April
1997).
Die Klage der Klägerin
gegen diesen Bescheid hatte
Erfolg.
Hiergegen wendet sich das FA
mit der vom FG zugelassenen
Revision.
II. Der Senat setzt das
Verfahren aus (§ 74 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und legt dem
Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) die im Tenor genannten
Fragen zur Vorabentscheidung
vor.
III. Die maßgeblichen
Rechtsvorschriften
1. Nach
Auffassung des Senats sind für die Lösung des Streitfalles die
folgenden Vorschriften der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977
zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG)
maßgebend.
Artikel 2
Der Mehrwertsteuer
unterliegen:
1. Lieferungen von
Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im
Inland gegen Entgelt
ausführt;
...
Artikel 4
(1) Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine der in
Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und
unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck
und mit welchem Ergebnis.
(2) Die in
Absatz 1 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten sind alle Tätigkeiten
eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der
Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und
der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt auch
eine Leistung, die die Nutzung von körperlichen oder nicht
körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen
umfasst.
Artikel
13
Steuerbefreiungen im
Inland
A. Befreiungen bestimmter dem Gemeinwohl dienender
Tätigkeiten
...
B.
Sonstige Steuerbefreiungen
Unbeschadet
sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den
Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen
Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von
Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen
festsetzen, von der Steuer:
...
d)
die folgenden Umsätze:
1. die
Gewährung und Vermittlung von Krediten und die Verwaltung von Krediten
durch die Kreditgeber,
...
3.
die Umsätze --einschließlich der Vermittlung-- im
Einlagengeschäft und Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und
Überweisungsverkehr, im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen
Handelspapieren, mit Ausnahme der Einziehung von Forderungen (in der englischen
Fassung: transactions, including negotiation, concerning deposit and current
accounts, payments, transfers, debts, cheques and other negotiable instruments,
but excluding debt collecting and
factoring),
...
C.
Optionen
Die Mitgliedstaaten
können ihren Steuerpflichtigen das Recht einräumen, für eine
Besteuerung zu optieren:
a) ...
b) bei den Umsätzen nach Teil B
Buchstaben d), g) und
h).
...
Artikel
17
Entstehung und Umfang des Rechts
auf Vorsteuerabzug
(1)
...
(2) Soweit die Gegenstände und
Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet
werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer
folgende Beträge abzuziehen:
a) die im Inland geschuldete oder
entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die
ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden
bzw. erbracht wurden oder erbracht
werden,
...
2.
Die vergleichbaren Vorschriften des deutschen Umsatzsteuergesetzes (UStG 1991)
lauten:
§ 1
Steuerbare
Umsätze
(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden
Umsätze:
1. die Lieferungen und
sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen
seines Unternehmens ausführt. ...
§ 2
Unternehmer,
Unternehmen
(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder
berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen
umfaßt die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige
samte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unter Tätigkeit zur
Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder
eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig
wird.
...
§ 4
Steuerbefreiungen
bei Lieferungen und sonstigen Leistungen und
Eigenverbrauch
Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1
bis 3 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:
...
8.
a) die Gewährung, die Vermittlung und die Verwaltung von Krediten, sowie
die Verwaltung von
Kreditsicherheiten,
...
c)
die Umsätze im Geschäft mit Geldforderungen und dieVermittlung dieser
Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen,
...
§ 9
Verzicht
auf Steuerbefreiungen
(1) Der Unternehmer kann einen Umsatz, der nach
§ 4 Nr. 8 Buchst. a bis g, Nr. 9 Buchst. a,
Nr. 12, 13 oder 19 steuerfrei ist, als steuerpflichtig behandeln, wenn der
Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt
wird.
...
§ 15
Vorsteuerabzug
(1) Der Unternehmer kann die folgenden
Vorsteuerbeträge abziehen:
1. die
in Rechnungen im Sinne des § 14 gesondert ausgewiesene Steuer für
Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein
Unternehmen ausgeführt worden sind.
...
...
(2)
Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen ...
von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der
Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:
1. steuerfreie Umsätze;
...
3.
Die einschlägigen
Verwaltungsvorschriften
Die
Finanzverwaltung bestimmt hierzu ergänzend in den Umsatzsteuer-Richtlinien
(UStR 2000):
Zu § 2 UStG:
Gewerbliche oder berufliche Tätigkeit Abschnitt 18 Abs. 4 Satz
3:
Das echte Factoring
(Forderungskauf mit voller Übernahme des Ausfallwagnisses) stellt beim
Factoring-Institut keine unternehmerische Tätigkeit dar, weil das Institut
weder mit dem Ankauf der Forderung noch mit ihrer Einziehung eine Leistung gegen
Entgelt ausführt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom
10. Dezember 1981 V R 75/76, BFHE 134, 470, BStBl II 1982,
200).
Zu § 4 Nr. 8
UStG: Gewährung und Vermittlung von
Krediten
Abschnitt 57 Abs. 3 UStR
Sätze 1-6
(3) Unechtes
Factoring liegt vor, wenn der Anschlusskunde seine Forderungen aus
Warenlieferungen und Dienstleistungen zwar an den Factor abtritt, aber in vollem
Umfang für die Zahlungsfähigkeit der Schuldner einzustehen hat.
Wirtschaftlich bleibt der Anschlusskunde Inhaber der Forderungen. Die
Tätigkeit des Factors für den Anschlusskunden besteht beim unechten
Factoring in der Gewährung von Krediten, der Bonitätsprüfung der
Schuldner, der Führung der Debitorenkonten, der Anfertigung von
Übersichten und statistischem Material sowie im Inkasso. Es handelt sich
hierbei um mehrere Hauptleistungen. Die Gewährung von Krediten durch den
Factor an die Anschlusskunden ist nach § 4 Nr. 8 Buchst. a
UStG 1991 steuerfrei. Die übrigen Leistungen des Factors sind
demgegenüber steuerpflichtig (BFH-Urteil in BFHE 134, 470, BStBl II 1982,
200).
Zu § 4 Nr. 8
UStG Buchst. c: Umsätze im Geschäft mit
Geldforderungen
Abschnitt 60 Abs. 3
Sätze 1 und 2
(3) Beim echten
Factoring liegt eine nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG
steuerfreie Abtretung von Geldforderungen durch den Anschlusskunden an den
Factor vor (BFH-Urteil in BFHE 134, 470, BStBl II 1982, 200). Echtes Factoring
ist gegeben, wenn der Anschlusskunde seine Forderungen aus Warenlieferungen und
Dienstleistungen an den Factor abtritt und dieser das Risiko eines Ausfalls der
erworbenen Forderungen
übernimmt.
...
IV.
Zur Vorlage an den EuGH
1. Die
rechtliche Würdigung des
Streitfalls
Die rechtliche
Würdigung des Streitfalls ist
zweifelhaft.
Unstreitig ist zwischen
den Parteien, dass die Factoring KG echtes und unechtes Factoring im Sinne
der oben (III. 3.) zitierten Verwaltungsvorschriften
betrieb.
a) Das FA hat demzufolge in
dem angefochtenen Steuerbescheid die Klägerin gemäß
Abschn. 18 Abs. 4 Satz 3 UStR 2000 als Nichtunternehmerin behandelt,
soweit sie das echte Factoring betrieb, und ihr insoweit den Vorsteuerabzug
gemäß § 15 Abs. 1 UStG
versagt.
b) In der mündlichen
Verhandlung vor dem BFH am 17. Mai 2001 hat das FA aber eingeräumt,
dass die Factoring KG der M-GmbH den Nennbetrag der angekauften Forderungen
(abzüglich der vereinbarten Delkredere- und Factoringgebühren)
zunächst im Wege der Kreditgewährung (darlehnsweise) gemäß
§ 4 Nr. 8 Buchst. a UStG 1991 (= Art. 13 Teil B
Buchst. d Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG) überwiesen hat und ihn
dieser erst im angenommenen Delkrederefall (150 Tage nach Fälligkeit der
jeweiligen Rechnung) endgültig als Kaufpreis überlassen hat. Da die
Klägerin auf die Steuerfreiheit ihrer Umsätze verzichtet hat, nimmt
auch das FA an, dass der Klägerin ein weiterer Vorsteuerabzug zusteht. Das
FA ist aber weiterhin der Ansicht, dass die Delkredere- und
Factoringgebühren kein Entgelt für eine steuerpflichtige Leistung der
Factoring KG sind, dass diese vielmehr insoweit lediglich Empfängerin einer
Leistung (Forderungsabtretung) und damit keine Unternehmerin war, so dass ihr
der begehrte Vorsteuerabzug in entsprechendem Umfang nicht
zusteht.
c) Das Finanzgericht (FG)
war der Auffassung, die Tätigkeit der Factoring KG sei insgesamt
unternehmerisch. Auch beim echten Factoring erbringe der Factor eine Vielzahl
von Leistungen. Es liege deshalb kein Fall des § 14 Abs. 3 UStG
1991 vor; der Vorsteuerabzug sei nicht nach § 15 Abs. 1 UStG 1991
ausgeschlossen (vgl. Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1999,
926). Dies entspricht auch der Auffassung der
Klägerin.
d) Es kommt auch in
Betracht, dass der Factor insgesamt Umsätze im Geschäft mit
Forderungen gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. c
(Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/EWG)
tätigt, die lediglich nach Option zur Besteuerung gemäß
§ 9 UStG 1991 (Art 13 Teil C der Richtlinie 77/388/EWG) besteuert
werden (vgl. die Instruktion der französischen Finanzverwaltung vom
29. September 1994, Bulletin Officiel des Impôts Nr. 192 vom
7. Oktober 1994).
e)
Schließlich erscheint es auch denkbar, dass die Umsätze des Factors
unter das Tatbestandsmerkmal "factoring" in der englischen Fassung des
Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/EWG fallen
(vgl. z.B. Philipp/Keller, Echtes Factoring - Kippt der BFH seine
Rechtsprechung? Umsatzsteuer-Rundschau 2001, 137; Sheppard, It's all in the
translation, The tax journal vom 22. Januar
2001).
2. Die Fragen an den
EuGH
Gemeinschaftsrechtlich ist
gemäß Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG die Frage zu
stellen, ob der echte Factor Gegenstände und Dienstleistung für Zwecke
seiner besteuerten Umsätze
verwendet.
Dabei ist zunächst
fraglich, ob er überhaupt Steuerpflichtiger ist, der Umsätze
tätigt, oder ob er nur Umsätze empfängt. Das FA meint,
regelmäßig empfange der echte Factor nur Umsätze; es möchte
die Factoring KG nur partiell (soweit sie unechtes Factoring betreibt und
Kredite gewährt) als Steuerpflichtige behandeln, und ihr den Vorsteuerabzug
versagen, soweit er das echte Factoring betrifft und nicht mit der
Kreditgewährung im Zusammenhang steht. Der Senat meint, dass dies mit dem
Neutralitätsgrundsatz der Mehrwertsteuer nicht vereinbar ist: Hätte
die M-GmbH ihre Forderungen selbst eingezogen, erhielte sie den Vorsteuerabzug
aus den damit verbundenen Kosten. Nach der Auffassung des FA geht dieser
Vorsteuerabzug aber verloren, da die M-GmbH die Einziehung der Forderungen der
Factoring KG übertragen hat. Die Sache ist aber zweifelhaft, da zu dieser
Frage --wie dargelegt-- unterschiedliche Meinungen vertreten werden. Der Senat
legt deshalb dem EuGH gemäß Art. 234 des Vertrages zur
Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EG) folgende Frage zur
Vorabentscheidung vor:
Verwendet
eine Factoring-Gesellschaft die von ihr bezogenen Gegenstände und
Dienstleistungen auch insoweit für Zwecke ihrer Umsätze, als sie
Forderungen aufkauft und das Ausfallrisiko für diese Forderungen
übernimmt?
Für den Fall,
dass der EuGH diese Frage bejaht, ist weiter zu klären, ob es sich bei den
Umsätzen um "besteuerte" Umsätze i.S. des Art. 17 Abs. 2 der
Richtlinie 77/388/EWG handelt. Dies hängt davon ab, ob die Umsätze
steuerpflichtig oder steuerfrei sind und ob die Factoring-KG wirksam auf die
Steuerfreiheit verzichtet hat. Dies kann nur dann zutreffend beantwortet werden,
wenn geklärt ist, ob und welche der in Art. 13 Teil B Buchst. d
der Richtlinie 77/388/EWG aufgezählten Umsätze vorliegen. Der Senat
legt deshalb dem EuGH noch folgende Zusatzfrage
vor:
Handelt es sich dabei um
besteuerte Umsätze oder --jedenfalls auch-- um Umsätze i.S. des
Art. 13 Teil B Buchst. d der Richtlinie 77/388/EWG, die insoweit
besteuert werden können, als die Mitgliedstaaten den Steuerpflichtigen das
Recht eingeräumt haben, für eine Besteuerung zu optieren? Welche der
in Art. 13 Teil B Buchst. d der Richtlinie 77/388/EWG
aufgezählten Umsätze liegen in diesem Fall
vor?
Die Vorlage erscheint dem Senat
gemäß Art. 234 EG geboten, um divergierende
Gerichtsentscheidungen in den Mitgliedstaaten zu vermeiden (vgl. EuGH-Urteil vom
6. Oktober 1982 Rs. 283/81 - SRL C.I.L.F.I.T. - Slg. 1982, 3415)
und um im Gemeinsamen Markt eine einheitliche umsatzsteuerliche Behandlung des
Factoring sicherzustellen, zumal dieses auch grenzüberschreitend betrieben
wird. Im Übrigen ist die Vorlage sowohl von der Klägerin als auch vom
FA angeregt worden.