BUNDESFINANZHOF
1.
Die Entnahme eines dem Unternehmen zugeordneten PKW, den ein Unternehmer von
einem Nichtunternehmer und damit ohne Berechtigung zum Vorsteuerabzug erworben
hat, unterliegt nicht der
Umsatzbesteuerung.
2.
Falls an dem PKW nach seiner Anschaffung Arbeiten ausgeführt worden sind,
die zum Einbau von Bestandteilen geführt haben und für die der
Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt war, unterliegen bei einer Entnahme
des PKW nur diese Bestandteile der Umsatzbesteuerung (EuGH, Urteil vom 17. Mai
2001 Rs. C-322 und 323/99, Fischer,
Brandenstein).
3.
Bestandteile eines PKW sind diejenigen gelieferten Gegenstände,
die
- aufgrund ihres
Einbaus in den PKW ihre körperliche und wirtschaftliche Eigenart
endgültig verloren haben und die
ferner
- zu einer
dauerhaften, im Zeitpunkt der Entnahme nicht vollständig verbrauchten
Werterhöhung des Gegenstands geführt
haben.
Nicht dazu
gehören sonstige Leistungen (Dienstleistungen) einschließlich
derjenigen, für die zusätzlich kleinere Lieferungen von
Gegenständen erforderlich
sind.
4.
Besteuerungsgrundlage (Bemessungsgrundlage) im Falle einer steuerpflichtigen
Entnahme eines PKW ist der Restwert des PKW bzw. seiner Bestandteile im
Zeitpunkt der
Entnahme.
5. Zur
Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG in diesen
Fällen.
UStG 1991 § 1 Abs. 1 Nr. 2
Satz 2 Buchst. a, § 10 Abs. 4 Nr. 1, §
15a UStDV 1991 § 44
Abs. 1 und 4 UStG 1999
§ 3 Abs.
1b Richtlinie 77/388/EWG
Art. 5 Abs. 6 Satz 1, Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b, Art.
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Urteil vom 18. Oktober 2001 V
R
106/98 (Nachfolgeentscheidung
zum Urteil des EuGH vom 17. Mai 2001, Rs. C-323/99 - Brandenstein
-)
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Vorinstanz: FG Düsseldorf
(EFG 1999, 314)
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Gründe
I.
Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) ist als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer selbständig
tätig. Er erwarb 1985 von einer Privatperson einen PKW zum Kaufpreis von
33 600 DM. In der Rechnung war Umsatzsteuer nicht gesondert
ausgewiesen. Er ordnete den PKW beim Erwerb in vollem Umfang seinem Unternehmen
(als Anlagevermögen) zu und verwendete ihn für berufliche
Zwecke.
Im Jahr 1991
(Streitjahr) entnahm der Kläger den PKW in seinen nichtunternehmerischen
Bereich. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er insgesamt 16 028,54 DM
(brutto) u.a. für Inspektionen, kleinere Reparaturen, Reifenwechsel, den
nachträglichen Einbau eines Katalysators im Jahr 1987 sowie die Erneuerung
der Windschutzscheibe im Jahr 1991 aufgewandt und dabei jeweils den
Vorsteuerabzug in Anspruch
genommen.
Der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) erfasste im Umsatzsteuerbescheid
1991 abweichend von der Umsatzsteuererklärung des Klägers die Entnahme
des PKW in den nichtunternehmerischen Bereich als steuerbaren und
steuerpflichtigen Eigenverbrauch gemäß § 1 Abs. 1
Nr. 2 Satz 2 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes 1991 (UStG 1991)
und setzte insoweit --ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von
7 500 DM, die der Kläger ertragsteuerrechtlich als Entnahmewert
angegeben hatte-- Umsatzsteuer in Höhe von 1 050 DM
fest.
Mit seinem hiergegen
eingelegten Einspruch machte der Kläger geltend, dass die Entnahme eines
Wirtschaftsgutes, welches bei dessen Anschaffung nicht zum Vorsteuerabzug
berechtigt habe, gemäß Art. 5 Abs. 6 Satz 1 der
Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG
(Richtlinie 77/388/EWG) nicht (als Eigenverbrauch) zu versteuern
sei.
Das FA wies den Einspruch
des Klägers als unbegründet zurück. Es bezog sich dabei auf das
Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 13. Mai 1994 (BStBl
I 1994, 298), in dem es heißt: "War der Unternehmer zwar für den
Gegenstand selbst nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, wohl aber für die
später darin eingegangenen Bestandteile, unterliegt die Entnahme des
Gegenstandes nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a
UStG mit der Bemessungsgrundlage des § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG
der Umsatzsteuer. Aus Vereinfachungsgründen kann die Umsatzbesteuerung des
Entnahmeeigenverbrauchs unterbleiben, wenn die Aufwendungen (ohne Umsatzsteuer)
für Verbesserungen, Reparaturen und Wartungsarbeiten (einschließlich
Pflege) an dem entnommenen Gegenstand 20 v.H. seiner ursprünglichen
Anschaffungskosten nicht übersteigen. Übersteigen diese Aufwendungen
20 v.H. der ursprünglichen Anschaffungskosten, kann in der Regel ohne
nähere Prüfung unterstellt werden, daß Bestandteile in den
Gegenstand eingegangen
sind."
Das FA vertrat die
Auffassung, die PKW-Entnahme sei zu versteuern, da im Streitfall die
Aufwendungen (ohne Umsatzsteuer) für Verbesserungen, Reparaturen,
Wartungsarbeiten und Pflege mehr als 20 v.H. von 33 600 DM
(Anschaffungskosten) betragen
hätten.
Das Finanzgericht
(FG) gab der Klage statt. Es führte zur Begründung im Wesentlichen
aus, nach Art. 5 Abs. 6 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG sei im
Streitfall ein Besteuerungsverbot anzunehmen, weil die Anschaffung des PKW den
Kläger nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt habe und die späteren
Aufwendungen für den PKW während der Dauer der
Unternehmenszugehörigkeit weder dazu geführt hätten, dass dessen
bestimmungsmäßige Nutzungsmöglichkeit geändert oder
erweitert worden sei, noch dazu, dass sich der Nutzungswert wesentlich
erhöht habe (Hinweis auf Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom
30. März 1995 V R 65/93, BFHE 177, 541). Das Urteil ist in
Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 314
veröffentlicht.
Auf die vom
FG zugelassene Revision des FA hat der erkennende Senat das Verfahren ausgesetzt
und dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) verschiedene
Fragen zum Anwendungsbereich des Art. 5 Abs. 6 Satz 1 der
Richtlinie 77/388/EWG, zur Besteuerungsgrundlage und zur Berichtigung des
Vorsteuerabzugs vorgelegt (Beschluss vom 15. Juli 1999
V R 106/98, BFHE 189, 205, BFH/NV 1999,
1711).
Der EuGH hat dieses
Verfahren (Brandenstein) mit einem anderen Verfahren (Fischer) verbunden und
über die ihm gestellten Fragen mit Urteil vom 17. Mai 2001
Rs. C-322/99 --Fischer-- und C-323/99 --Brandenstein--, --im Folgenden:
Vorabentscheidung-- (Internationales Steuerrecht --IStR-- 2001, 376,
Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2001, 293, Betriebs-Berater --BB-- 2001, 1617)
Folgendes entschieden:
"1. Ein
Steuerpflichtiger, der einen Gegenstand (hier einen Pkw), den er ohne
Berechtigung zum Vorsteuerabzug erworben hat und der nach seiner Anschaffung
Gegenstand von Arbeiten war, für die die Mehrwertsteuer abgezogen wurde, zu
unternehmensfremden Zwecken entnimmt, hat die nach Art. 5 Abs. 6 der
Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern -
Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige
Bemessungsgrundlage - geschuldete Mehrwertsteuer nur für die Bestandteile
zu entrichten, die zum Vorsteuerabzug berechtigt haben, d.h. diejenigen, die
ihre körperliche und wirtschaftliche Eigenart endgültig verloren
haben, als sie nach Anschaffung des Pkws und im Anschluss an Umsätze, die
durch Lieferungen von Gegenständen erzielt worden sind und zu einer
dauerhaften, im Zeitpunkt der Entnahme nicht vollständig verbrauchten
Werterhöhung des Pkws geführt haben, in den Pkw eingebaut worden
sind.
2. Im Fall einer nach
Art. 5 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie 77/388 steuerpflichtigen
Entnahme, insbesondere der Entnahme eines Gegenstands (hier eines
Pkws),
- der ohne Berechtigung zum Vorsteuerabzug
erworben wurde
- und an dem Arbeiten ausgeführt worden
sind, die zum Vorsteuerabzug berechtigt und zum Einbau von Bestandteilen
geführt haben, ist die Besteuerungsgrundlage i.S. von Art. 11
Teil A Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie 77/388 unter
Bezugnahme auf den im Zeitpunkt der Entnahme geltenden Preis für diejenigen
in den Pkw eingegangenen Gegenstände zu bestimmen, die Bestandteile des
entnommenen Gegenstands i.S. von Art. 5 Abs. 6 dieser Richtlinie
sind.
3. Der auf
Grund von Arbeiten, die nach Anschaffung des Gegenstands (hier eines Pkws)
ausgeführt worden sind und zum Vorsteuerabzug berechtigt haben, in Anspruch
genommene Vorsteuerabzug ist Gegenstand einer Berichtigung nach Art. 20
Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie, wenn diese Arbeiten nicht zur
Mehrwertsteuerpflicht gemäß Art. 5 Abs. 6 der Sechsten
Richtlinie 77/388 bei der Entnahme des Pkws geführt haben und ihr Wert
nicht im Rahmen der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen vor der
Überführung des Fahrzeugs in sein Privatvermögen vollständig
verbraucht worden ist."
Das FA
hält an seinem Antrag fest, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage
abzuweisen, hilfsweise die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG
zurückzuverweisen.
Es ist
der Auffassung, die Auslegung des Art. 5 Abs. 6 Satz 1 der
Richtlinie 77/388/EWG durch den EuGH sei "zweifelhaft" und mit dieser
Richtlinie "unvereinbar", teilweise "unlogisch", "wenig durchdacht", führe
"zu willkürlichen Ergebnissen" und sei "im Übrigen in der Praxis nicht
oder nur sehr schwer
umsetzbar".
Der Kläger
beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision des FA ist unbegründet. Die
Vorentscheidung des FG ist im Ergebnis nicht zu
beanstanden.
1. Nach dem im
Streitjahr 1991 geltenden § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 UStG
1991 unterlag der Eigenverbrauch im Inland der Umsatzsteuer. Eigenverbrauch lag
nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a UStG 1991
vor, wenn ein Unternehmer Gegenstände aus seinem Unternehmen für
Zwecke entnahm, die außerhalb des Unternehmens
lagen.
Gemäß
Art. 5 Abs. 6 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG wird einer
Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt die Entnahme eines Gegenstands durch
einen Steuerpflichtigen aus seinem Unternehmen für seinen privaten Bedarf,
für den Bedarf seines Personals oder als unentgeltliche Zuwendung oder
allgemein für unternehmensfremde Zwecke, wenn dieser Gegenstand oder seine
Bestandteile zu einem vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt
haben.
Diese Bestimmung hat der
Gesetzgeber zwar erst mit dem UStG 1999 in das nationale Recht umgesetzt (vgl.
§ 3 Abs. 1 b UStG 1999). Bereits für davor liegende
Zeiträume kann sich ein Steuerpflichtiger jedoch auf Art. 5
Abs. 6 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG berufen (vgl.
Senatsbeschluss vom 17. Dezember 1992 V B 22/92, BFHE 170, 477,
BStBl II 1994, 370).
2.
Art. 5 Abs. 6 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG ist im
Streitfall in der Weise zu verstehen, wie dies der EuGH in der Vorabentscheidung
dargelegt hat.
Soweit das FA
diese Auslegung kritisiert, ist darauf hinzuweisen, dass ein Urteil des EuGH im
Vorabentscheidungsverfahren das nationale Gericht bei seiner Entscheidung des
Ausgangsrechtsstreits bindet (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B.
EuGH-Urteil vom 14. Dezember 2000, Rs. C-446/98 --Câmara
Municipal do Porto--, UR 2001, 108, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht
--UVR-- 2001, 71,
Rdnr. 49).
Diese Bindung
gilt im Übrigen auch für die Finanzverwaltung, die gemäß
Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) an Gesetz und Recht gebunden
ist. Allen Trägern öffentlicher Gewalt in den Mitgliedstaaten obliegt
es, alle Maßnahmen zu treffen, um einer Verpflichtung nachzukommen, die
sich aus einer EG-Richtlinie ergibt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B.
EuGH-Urteil vom 14. Juli 1994 C-91/92 --Paola Faccini Dori--,
Slg. 1994 I-3325,
Rdnr. 26).
3. Aus der
Vorabentscheidung ergeben sich für die Umsatzbesteuerung der Entnahme eines
PKW folgende Grundsätze:
a)
Die Entnahme eines PKW, den ein Unternehmer seinem Unternehmen zugeordnet und
später für seinen privaten Bedarf entnommen hat, ist nach Art. 5
Abs. 6 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG nicht zu besteuern, wenn
er aufgrund seines Erwerbs von einem Nichtunternehmer nicht zum Vorsteuerabzug
berechtigt hat; das gilt selbst dann, wenn später Aufwendungen mit
Berechtigung zum Vorsteuerabzug für diesen Gegenstand getätigt worden
sind. Falls an dem PKW nach seiner Anschaffung Arbeiten ausgeführt worden
sind, die zum Vorsteuerabzug berechtigt und zum Einbau von Bestandteilen i.S.
des Art. 5 Abs. 6 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG
geführt haben, unterliegen nur diese Bestandteile der Umsatzbesteuerung
(vgl. Vorabentscheidung, a.a.O.
Rdnr. 77).
b) Bei einem PKW
sind Bestandteile in diesem Sinne --wie der EuGH in der Vorabentscheidung unter
Rdnr. 70 ausgeführt hat-- diejenigen gelieferten Gegenstände,
die
- aufgrund ihres Einbaus in den
PKW ihre körperliche und wirtschaftliche Eigenart endgültig verloren
haben und die
ferner
-
zu einer dauerhaften, im Zeitpunkt der Entnahme nicht vollständig
verbrauchten Werterhöhung des Gegenstands geführt
haben.
aa) Nachträglich in
einen PKW eingebaute Gegenstände verlieren ihre körperliche und
wirtschaftliche Eigenart nicht endgültig, wenn sie leicht von dem Fahrzeug
getrennt werden können und Gegenstand unabhängiger Geschäfte sein
können. Deshalb schafft etwa der Einbau eines Autotelefons oder -radios
keine Bestandteile des betreffenden Fahrzeugs (vgl. Schlussanträge des
Generalanwalts in dieser Sache vom 14. Dezember 2000,
Rdnr. 73).
bb) Der Einbau
eines Gegenstands in einen PKW hat nur dann zu einer dauerhaften, im Zeitpunkt
der Entnahme nicht vollständig verbrauchten Werterhöhung des
Gegenstands geführt, wenn er nicht lediglich zur Werterhaltung des PKW
beigetragen hat (vgl. Vorabentscheidung, a.a.O.,
Rdnr. 66).
Letzteres trifft
etwa für den Ersatz eines Scheibenwischers oder einer Autobatterie, nicht
aber für den Einbau eines leistungsfähigeren Motors oder eines
Katalysators zur Modernisierung des PKW zu (vgl. Schlussanträge des
Generalanwalts in dieser Sache vom 14. Dezember 2000, Rdnr. 75).
Unterhalb einer gewissen Bagatellgrenze liegende Aufwendungen für den
Einbau von Gegenständen führen nicht zu einer dauerhaften
Werterhöhung des PKW.
c)
Dienstleistungen einschließlich derjenigen, für die zusätzlich
kleinere Lieferungen von Gegenständen erforderlich sind, sind keine
Bestandteile i.S. von Art. 5 Abs. 6 Satz 1 der
Richtlinie 77/388/EWG (vgl. Vorabentscheidung, a.a.O.,
Rdnr. 63).
aa) Ob ein
bestimmter Umsatz eine Lieferung eines Gegenstands oder eine Dienstleistung ist,
hängt von seinen charakteristischen Merkmalen ab; wenn die Lieferung nur
einen Teil des Umsatzes darstellt, die Dienstleistungen aber überwiegen,
ist der Umsatz als Dienstleistung anzusehen (vgl. EuGH-Urteil vom 2. Mai
1996 Rs. C-231/94 --Faaborg-Gelting Linien A/S--, Slg. 1996, I-2395,
UR 1996, 220, UVR 1996, 169, Rdnrn. 12, 14; Vorabentscheidung, a.a.O.,
Rdnr. 62).
bb)
Dienstleistungen können beispielsweise die Lieferung von Schrauben,
Ölfiltern oder Zündkerzen voraussetzen; Lackierarbeiten setzen eine
Farblieferung voraus. Sind die Aufwendungen zugunsten eines PKW mit einer
geringfügigen zusätzlichen Lieferung von Gegenständen verbunden,
die untrennbar mit den betreffenden Dienstleistungen zusammenhängt,
müssen diese Aufwendungen insgesamt als Dienstleistung i.S. des Art. 6
Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG angesehen werden; sie sind dann keine
Bestandteile i.S. des Art. 5 Abs. 6 Satz 1 der Richtlinie
77/388/EWG (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts in dieser Sache vom
14. Dezember 2000,
Rdnr. 59).
Dementsprechend
hat der Senat eine PKW-Inspektion mit Ölwechsel als sonstige Leistung
beurteilt (vgl. BFH-Urteil vom 30. September 1999 V R 77/98, BFHE
190, 231, BStBl II 2000, 14).
d)
Besteuerungsgrundlage (Bemessungsgrundlage) im Falle einer nach Art. 5
Abs. 6 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG steuerpflichtigen
Entnahme eines PKW, der ohne Berechtigung zum Vorsteuerabzug erworben wurde und
an dem Arbeiten ausgeführt worden sind, die zum Vorsteuerabzug berechtigt
und zum Einbau von Bestandteilen geführt haben, ist nach Art. 11
Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. auch
§ 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG 1991) der "Einkaufspreis" (Restwert)
der Bestandteile im Zeitpunkt der Entnahme (vgl. Vorabentscheidung, a.a.O.,
Rdnr. 80, 84).
4. Bei
Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist eine nach § 1
Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a UStG 1991 i.V.m. Art. 5
Abs. 6 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG steuerpflichtige Entnahme
des PKW bzw. seiner Bestandteile zu
verneinen.
a) Die Entnahme des
PKW (als solchen), den der Kläger von einem Nichtunternehmer und damit ohne
Berechtigung zum Vorsteuerabzug erworben hat, unterliegt gemäß
Art. 5 Abs. 6 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG nicht der
Umsatzbesteuerung.
b) Der Senat
kann offen lassen, ob in den PKW des Klägers Bestandteile i.S. von
Art. 5 Abs. 6 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG eingebaut worden
sind - was etwa für den im Jahre 1987 eingebauten Katalysator und die im
Jahr 1991 erneuerte Windschutzscheibe in Betracht kommt. Denn jedenfalls war
insoweit im maßgeblichen Zeitpunkt der Entnahme im Jahr 1991 kein
"Restwert" mehr anzusetzen.
aa)
Ob ein nachträglich in einen PKW eingebauter Bestandteil im Zeitpunkt der
Entnahme des PKW (noch) einen Restwert hat, lässt sich im Allgemeinen unter
Heranziehung anerkannter Marktübersichten für den Wert gebrauchter PKW
(z.B. sog. "Schwacke-Liste" oder vergleichbare Übersichten von
Automobilclubs) beurteilen. Wenn insoweit kein "Aufschlag" auf den --im
Wesentlichen nach Alter und Laufleistung bestimmten-- durchschnittlichen
Marktwert des PKW im Zeitpunkt des Verkaufs bzw. der Entnahme üblich ist,
scheidet der Ansatz eines "Restwertes"
aus.
bb) Im Streitfall hat das
FG festgestellt, die nach Anschaffung des PKW vom Kläger getätigten
Aufwendungen hätten nicht dazu geführt, dass sich der Nutzungswert des
PKW wesentlich erhöht
habe.
Ausgehend von diesen mit
der Revision nicht angegriffenen und für den Senat deshalb gemäß
§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bindenden
Feststellungen des FG kann jedenfalls im Zeitpunkt der Entnahme des PKW im Jahr
1991 ein messbarer Restwert etwa nachträglich in den PKW des Klägers
eingebauter Bestandteile nicht festgestellt
werden.
5. Soweit die an dem PKW
des Klägers ausgeführten Arbeiten, für die dieser den
Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hat, nicht zu Bestandteilen i.S. des
§ 5 Abs. 6 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG
geführt haben, ist der Vorsteuerabzug nicht zu
berichtigen.
a) Allerdings ist
nach der Vorabentscheidung der vom Kläger in Anspruch genommene
Vorsteuerabzug nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der
Richtlinie 77/388/EWG zu berichtigen, soweit die Entnahme nicht
gemäß Art. 5 Abs. 6 Satz 1 dieser Richtlinie der
Besteuerung unterliegt und der Wert der betreffenden Arbeiten nicht im Rahmen
der beruflichen Tätigkeiten des Klägers vor der Überführung
des Fahrzeugs in sein Privatvermögen vollständig verbraucht worden ist
(vgl.
Rdnr. 92).
Gemäß
Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG wird der
ursprüngliche Vorsteuerabzug nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten
Einzelheiten berichtigt, wenn sich die Faktoren, die bei der Festsetzung des
Vorsteuerabzugsbetrags berücksichtigt werden, nach Abgabe der
Erklärung geändert
haben.
Dabei kommen zum einen
Dienstleistungen in Betracht, die nach der Anschaffung des PKW erbracht worden
sind und zum Vorsteuerabzug berechtigt haben, und zum anderen Umsätze, die
nach der Anschaffung des PKW mit Berechtigung zum Vorsteuerabzug durch
Lieferungen von Gegenständen erfolgt sind, die nicht unter den Begriff der
Bestandteile i.S. von Art. 5 Abs. 6 Satz 1 der Richtlinie
77/388/EWG fallen (so die Vorabentscheidung, a.a.O.,
Rdnr. 90).
b) Art. 20
Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG ist jedoch --als den
Kläger belastende Regelung-- für die Entscheidung des Streitfalles
nicht unmittelbar anwendbar. Vielmehr kommt eine Vorsteuerberichtigung nach
nationalem Recht --abgesehen von dem hier nicht einschlägigen
§ 17 UStG 1991-- nur gemäß § 15a UStG 1991 in
Betracht. Diese Vorschrift weicht allerdings --jedenfalls im Wortlaut-- von
Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG
ab.
Ob § 15a UStG 1991
in Fällen der vorliegenden Art (überhaupt) eingreift, braucht der
Senat nicht zu entscheiden; eine Vorsteuerberichtigung nach dieser Vorschrift
scheitert im Streitfall jedenfalls an § 44 Abs. 1 und 4 der
Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV
1991).
aa) Ändern sich bei
einem Wirtschaftsgut die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen
Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren, innerhalb von
fünf Jahren seit dem Beginn der Verwendung, so ist für jedes
Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch die Berichtigung des Abzugs
der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden
Vorsteuerbeträge vorzunehmen (§ 15a Abs. 1 Satz 1 UStG
1991). Diese Vorschrift ist auf Vorsteuerbeträge, die auf
nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallen,
sinngemäß anzuwenden (§ 15a Abs. 3 UStG 1991). Eine
Änderung der Verhältnisse liegt auch vor, wenn das noch
verwendungsfähige Wirtschaftsgut vor Ablauf des Berichtigungszeitraums zum
Eigenverbrauch entnommen wird und dieser Umsatz für den Vorsteuerabzug
anders zu beurteilen ist als die Verwendung im ersten Kalenderjahr
(§ 15a Abs. 4 UStG
1991).
bb) § 15a UStG
1991 soll "die Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei Investitionsgütern"
regeln (so ausdrücklich BTDrucks 8/1779 vom 5. Mai 1978,
S. 43; vgl. auch Abschn. 214 Abs. 2 der Umsatzsteuer-Richtlinien
--UStR-- 2000). Investitionsgüter sind Gegenstände, die durch ihre
Langlebigkeit gekennzeichnet sind und deren Anschaffungskosten daher in der
Regel nicht als laufende Kosten verbucht, sondern über mehrere Jahre hinweg
abgeschrieben werden (vgl. EuGH-Urteil vom 1. Februar 1977 Rs. 51/76
--Verbond van Nederlandse Ondernemingen--, UR 1977,
90).
cc) § 15a UStG
1991 setzt mithin Art. 20 Abs. 2 Satz 1 der
Richtlinie 77/388/EWG um, wonach für Investitionsgüter eine
Berichtigung vorgenommen wird, die sich auf einen Zeitraum von fünf Jahren
einschließlich des Jahres, in dem die Güter erworben oder hergestellt
wurden, erstreckt.
Ob die
Vorschrift gleichwohl --im Wege der richtlinienkonformen Auslegung-- (auch) in
den Fällen des Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie
77/388/EWG anwendbar ist, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Denn eine
Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG 1991 entfällt,
wenn die auf nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines
Wirtschaftsguts entfallende Vorsteuer 500 DM nicht übersteigt
(§ 15a Abs. 7 UStG 1991 i.V.m. § 44 Abs. 1 und 4
UStDV 1991).
Diese
(Aufgriffs-)Grenze wird hier nicht erreicht, weil eine Vorsteuerberichtigung
allenfalls für einen geringfügigen Teil der nachträglichen
Aufwendungen des Klägers für den PKW in Betracht kommt. Denn eine
Vorsteuerberichtigung setzt --wie dargelegt-- voraus, dass der Wert der
betreffenden Arbeiten, die nach Anschaffung des PKW ausgeführt worden sind
und zum Vorsteuerabzug berechtigt haben, im Rahmen der beruflichen
Tätigkeiten des Klägers vor der Überführung des Fahrzeugs in
sein Privatvermögen im Jahre 1991 nicht vollständig verbraucht worden
ist (vgl. Vorabentscheidung, a.a.O., Rdnr. 92).