Bewirtungsaufwendungen i.S. des § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG müssen auch zeitnah aufgezeichnet werden. Eine erstmals nach Ablauf des Geschäftsjahres vorgenommene Verbuchung genügt diesem Erfordernis jedenfalls nicht.
Ebensowenig kann eine geordnete Sammlung von Belegen – nach den Grundsätzen der sog. Offene-Posten-Buchhaltung – die erforderliche (zeitnahe) Aufzeichnung ersetzen, wenn die Aufwendungen erstmals nach Ablauf des Geschäftsjahres summenmäßig erfaßt werden.
Urteil vom 22. Januar 1988 III R 171/82
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Vorinstanz: FG München
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Fundstellen: BFHE 152, 341; BStBl II 1988, 535
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I.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb in den Streitjahren 1973 bis 1975 den Handel mit bestimmten Maschinen. Er ermittelte den Gewinn nach § 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Bei den Betriebsausgaben zog er auch Aufwendungen für die Bewirtung von Geschäftsfreunden ab. Von diesen Aufwendungen erfaßte er die auf Geschäftsreisen entstandenen – anders als die am Betriebssitz angefallenen – während des Geschäftsjahres nicht auf dem dafür eingerichteten Sachkonto (Konto-Nr. 541). Er verbuchte insoweit lediglich allgemeine Reisekostenvorschüsse (auf dem Konto-Nr. 163).
Die auf den einzelnen Geschäftsreisen angefallenen Bewirtungsrechnungen sammelte der Kläger zusammen mit den anderen Reisekostenbelegen jeweils in einem Umschlag. Nach Ablauf des betreffenden Geschäftsjahres übergab er die Umschläge seinem Steuerberater, der die Einzelbeträge der Reisekosten auf Kontenblättern getrennt nach den verschiedenen Aufwandsarten, u.a. auch „Kundenbewirtungen”, aufzeichnete und addierte. Er brachte bei den aufgezeichneten Beträgen jedoch weder das Datum des Geschäftsvorfalls noch einen Beleghinweis an. Die so errechneten Aufwendungen für „Bewirtung auf Geschäftsreisen” wurden auch nicht auf das jeweilige Sachkonto übertragen, sondern – nach Erfassung in der Umbuchungsliste – unmittelbar (unter der Kontobezeichnung Nr. 541) in die Hauptabschlußübersicht eingebucht. Von den in der Hauptabschlußübersicht insgesamt erfaßten Aufwendungen für Bewirtungen ist ein geringer Teil als Privatanteil ausgebucht worden.
Im Anschluß an eine Betriebsprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt – FA –) die Auffassung, daß der Kläger für die anläßlich von Geschäftsreisen angefallenen Bewirtungskosten nicht den Aufzeichnungspflichten des § 4 Abs. 6 EStG (jetzt § 4 Abs. 7 EStG) genügt habe und anerkannte diese Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben. Dementsprechend ergingen geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre.
Die – nach erfolglosem Einspruchsverfahren – erhobene Klage hatte nur zu einem geringen Teil Erfolg. Das Finanzgericht (FG) kürzte den vom Kläger von sämtlichen Bewirtungsaufwendungen (sowohl den am Betriebssitz als auch den auf Reisen angefallenen) abgezogenen Privatanteil um den Betrag, der auf die – seiner, des FG, Auffassung nach ohnedies nicht abziehbaren – Aufwendungen anläßlich der Reisen entfallen war.
Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, die von seinem Steuerberater jeweils im Zusammenhang mit der Bilanzerstellung gefertigten Aufgliederungslisten stellten Sammelbuchungsbelege dar, die über die Umbuchungsliste einzeln auf die entsprechenden Sachkonten in der – zur Buchführung gehörenden – Hauptabschlußübersicht verbucht worden seien. Alle vom FG geforderten Angaben für die Verbuchung seien auf den einzelnen Belegen enthalten, die in Sammeltaschen abgelegt seien. Da auf diesen Sammeltaschen die Gesamtkosten der einzelnen Reisen angegeben seien, könnten sie nach den Grundsätzen der Offene-Posten-Buchführung als Grundaufzeichnungen gelten und seien somit zeitnah erstellt worden. Das Erfordernis der einzelnen und getrennten Aufzeichnung nach § 4 Abs. 6 EStG sei durch die Übernahme der jeweiligen Summen auf die betreffenden Konten in die Hauptabschlußübersicht erfüllt. Auf den Sammelbuchungsbelegen seien alle Aufwendungen einzeln, chronologisch und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufgeführt.
Der Kläger beantragt, die angefochtenen Einkommensteuerbescheide für 1973 bis 1975, die Einspruchsentscheidung sowie das Urteil des FG aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision ist unbegründet.
Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Kläger hinsichtlich der auf den Geschäftsreisen angefallenen Bewirtungskosten die ihm obliegenden Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt hat und daß mithin insoweit ein Betriebsausgabenabzug nicht in Betracht kommt.
1. Nach § 4 Abs. 5 Satz 2, Abs. 6 Satz 1 EStG 1973/1974 sind Betriebsausgaben, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder einzelner Personen berühren, einzeln und getrennt aufzuzeichnen. Zu diesen Aufwendungen gehören vor allem Bewirtungsspesen (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 15. Dezember 1966 IV R 235/66, BFHE 88, 43, BStBl III 1967, 286). In der ab 1975 geltenden Fassung des EStG ist das Erfordernis der einzelnen und getrennten Aufzeichnung für die genannten Aufwendungen ausdrücklich ausgesprochen (vgl. § 4 Abs. 6 EStG 1975 – jetzt § 4 Abs. 7 EStG – i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG). Bei einer Verletzung dieser Aufzeichnungspflicht ist der Abzug zu versagen. Die Beachtung der besonderen Aufzeichnungsvorschriften ist eine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Anerkennung als Betriebsausgaben (s. auch BFH-Urteil vom 28. Mai 1968 IV R 28/68, BFHE 92, 491, BStBl II 1968, 651).
Sofern eine Buchführung eingerichtet ist, liegt eine getrennte Aufzeichnung nur vor, wenn die Aufwendungen i.S. des § 4 Abs. 5 EStG auf besonderen Konten innerhalb der Buchführung verbucht werden (BFH-Urteil vom 3. April 1974 I R 241/71, BFHE 112, 178, BStBl II 1974, 497). Dabei muß diese Verbuchung – dem Erfordernis des im Streitfall anwendbaren § 162 Abs. 2 Satz 1 der Reichsabgabenordnung (AO) entsprechend – fortlaufend (nunmehr nach § 146 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung – AO 1977 – ohne sachlichen Unterschied zeitgerecht) und damit zeitnah erfolgen (BFH-Urteile vom 28. Mai 1968 IV R 150/67, BFHE 92, 487, BStBl II 1968, 648, und in BFHE 92, 491, BStBl II 1968, 651, betreffend die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG: „von Anfang an vorzunehmende Trennung”). Im Urteil vom 19. August 1980 VIII R 208/78 (BFHE 131, 370, BStBl II 1980, 745) hat der BFH eine monatliche Aufgliederung schon als nicht mehr ausreichend angesehen. Im Streitfall braucht die zeitliche Mindestgrenze nicht festgelegt zu werden. Denn es kann auf keinen Fall genügen, wenn – wie hier – eine Aufgliederung erstmals nach Ablauf des Geschäftsjahres vorgenommen wird.
Entgegen der Auffassung der Revision kann auch die im Streitfall vorgenommene Ablage von Belegen die Forderung nach einer laufenden Verbuchung auf einem besonderen Konto nicht erfüllen. Zwar bestehen keine Bedenken, geordnete Belege in Verbindung mit periodischen zeitnahen Eintragungen der Summen in den hierfür vorgesehenen besonderen Konten innerhalb der Buchführung als der Vorschrift des § 4 Abs. 6 EStG entsprechende Aufzeichnungen anzusehen (BFHE 92, 487, BStBl II 1968, 648). An solchen Eintragungen fehlt es jedoch im Streitfall.
Wie der Kläger selbst einräumt, genügt die Verbuchung der Reisekostenvorschüsse nicht. Darin waren nur die voraussichtlichen Bewirtungsaufwendungen und auch diese – wegen des Anfalls noch anderer Aufwendungen – lediglich mit einem Teilbetrag enthalten. Von einer summenmäßigen Erfassung der – erst später entstandenen – tatsächlichen Bewirtungsaufwendungen kann damit nicht die Rede sein.
Zwar hat die Rechtsprechung des BFH in bestimmten Fällen – ähnlich wie bei der Offene-Posten-Buchhaltung – (vgl. dazu Urteil vom 2. Oktober 1968 I R 8/66, BFHE 94, 319, BStBl II 1969, 157) die Belegsammlung als ausreichenden Ersatz für die (erforderliche) zeitnahe Verbuchung der Geschäftsvorfälle in Grundbüchern angesehen (vgl. Urteil vom 7. Juli 1977 IV R 205/72, BFHE 124, 157, BStBl II 1978, 307, mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Auch in diesen Fällen ist jedoch die (wenigstens summenmäßige) Verbuchung auf dem Sachkonto in bestimmten Zeitabständen erforderlich. Dafür würde eine Verbuchung erst nach Ablauf des Geschäftsjahres nicht genügen. Im Streitfall kommt noch hinzu, daß – worauf das FG mit Recht hinweist – die Bewirtungsaufwendungen nicht getrennt von anderen Belegen abgelegt waren. Selbst wenn man die Ablage von Belegen für ausreichend halten wollte, müßten – entsprechend den an die Aufzeichnung zu stellenden Anforderungen (BFH-Urteil vom 10. Januar 1974 IV R 80/73, BFHE 111, 111, BStBl II 1974, 211) – zumindest die betreffenden Belege getrennt von anderen Belegen aufbewahrt werden.
Damit konnten die erst nach Ablauf des Geschäftsjahres vorgenommene Aufgliederung der Aufwendungen und ihre Eintragung in die Umbuchungsliste und in die Hauptabschlußübersicht den Mangel der laufenden und getrennten Verbuchung nicht heilen. Die von der Revision aufgeworfene Frage, ob die Umbuchungsliste und die Hauptabschlußübersicht als Bestandteil der Buchführung anzusehen sind und deshalb die – für die getrennten Aufzeichnungen erforderlichen – besonderen Konten innerhalb der Buchführung enthalten können, stellt sich daher ebensowenig wie die Frage nach der dem Aufzeichnungserfordernis genügenden Verbuchung in Verbindung mit den vom Steuerberater des Klägers erstellten Aufgliederungslisten. Ob diese ihrerseits – wären sie zeitnah angefertigt worden – als die erforderliche Verbuchung auf besonderen Konten angesehen werden könnten, kann ebenfalls dahingestellt bleiben. Im übrigen hat der BFH für sog. statistische Anschreibungen, die nicht mit der Buchführung verknüpft sind, in seinem Urteil in BFHE 92, 487, BStBl II 1968, 648 als wesentlich hervorgehoben, daß sie – wie auch hier – häufig erst längere Zeit nach den Aufwendungen angefertigt werden.
Mit dem besonderen Aufzeichnungserfordernis des § 4 Abs. 6 EStG hat sich der Gesetzgeber zwar für eine formale – gleichwohl aber legitime – Lösung ausgesprochen (BFHE 111, 111, BStBl II 1974, 211).
2. Im Streitfall steht die buchmäßige Behandlung der Aufwendungen allerdings schon nicht einmal mit den allgemeinen Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Buchführung im Einklang.
Für die – danach erforderliche – zeitnahe Erfassung der Geschäftsvorfälle ist zwar zunächst entscheidend, wann der einzelne Geschäftsvorfall in den Grundbüchern aufgezeichnet wird. Dies mag bei den Bewirtungsaufwendungen der Fall gewesen sein. Dahingestellt bleiben kann, ob die – ebenso erforderliche – Systematisierung des Buchungsstoffes durch Eintragung auf die Sachkonten bis nach dem Geschäftsjahr aufgehoben bleiben durfte und weiter, ob die unmittelbare Eintragung in der Hauptabschlußübersicht noch als Buchung auf dem Sachkonto gelten könnte. Jedenfalls wäre eine solche Buchung nicht vollständig, weil es schon am erforderlichen Buchungstext – insbesondere am Beleghinweis (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 146 AO 1977 Tz.4) – fehlt.
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